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Mit Dummheiten reich gesegnet

Auch das Jahr 2022 war reich mit Dummheiten gesegnet. Das zeigt sich an den Vorschlägen zu der Schmähauszeichnung „Dummheit des Jahres“ des Gleimhauses in Halberstadt bereits vor dem Ablauf der Einsendefrist am Sonntag, dem 29. Januar. Wie nicht anders zu erwarten, bezieht sich eine Vielzahl an Einsendungen auf den Krieg in der Ukraine. Dabei werden ganz unterschiedliche Gesichtspunkte genannt. Der Natur der Dummheit entsprechend, die stets im Auge des Betrachters liegt, befinden sich unter den verschiedenen Vorschlägen durchaus gegenteilige Positionen.


Andere Einsendungen erblicken Dummheiten auf Seiten des Klimaaktivismus, der wiederum aus anderer Sicht höchst sinnvoll und notwendig erscheint. Auch werden beispielsweise Versäumnisse bei der demografisch-wirtschaftlichen Entwicklung zur Auszeichnung vorgeschlagen sowie einzelne Ereignisse, Aussagen und Verhaltensweisen. An Politikern werden diesbezüglich genannt Karl Lauterbach und Robert Habeck. Diese Vorschläge zeugen von einem guten Gedächtnis ihrer jeweiligen Einsender in Sachen Dummheit.


Staunen mag man darüber, dass der Atomausstieg, zu dem im vergangenen Jahr zahlreiche und selbstverständlich auch konträre Vorschläge eingingen, in diesem Jahr fast keine Rolle mehr spielt. Die Bemühungen um gendergerechte Sprache, die im vergangenen Jahr überaus häufig als die größte Dummheit angeprangert wurden, wurde in der diesjährigen Umfrage bislang überhaupt nicht genannt.


Dummheit ist einer jener Begriffe, die im ersten Verständnis klar zu sein scheinen und sich bei weiterer Überlegung der Definition entziehen. Es handelt sich nicht immer eindeutig um einen Mangel an Vernunft, sondern vielfach eher um eine Störung der Vernunft durch den affektiven Apparat, beispielsweise durch Wichtigtuerei, Gier und Missgunst. Unabdingbare Voraussetzungen für Dummheit sind ein Hang zur Selbstüberschätzung sowie Denkfaulheit. Letzteres hat der Dichter Johann Wilhelm Ludwig Gleim, ein Zeitgenosse der Aufklärung, in den Aphorismus gekleidet: Warum ist auf der Welt der Weisen Zahl so klein? Weil’s so bequem ist, dumm zu sein.“


Dass sich die eigene Dummheit der Wahrnehmung entzieht, weil man sie in seiner Beschränktheit nicht erkennen kann, macht die Sache nicht leichter. Hinzu kommt, dass der Dumme in besonderer Weise dazu neigt, andere für dumm und sich selbst für klug zu halten. Dies stellt die Kür der „Dummheit des Jahres“ vor ganz besondere Herausforderungen.
Die Geistesbewegung der Aufklärung, die die Vernunft zum leitenden Prinzip erklärt hat, war nichts anders als ein Kampf gegen die Dummheit. Gewonnen ist dieser allerdings noch längst nicht. Das Gleimhaus in Halberstadt will als Museum der deutschen Aufklärung der Dummheit ins Auge blicken, fragt nach der „Dummheit des Jahres 2022“ und damit zu kritischer uns selbstkritischer Betrachtung der Gegenwart und unseres Tuns.


Das Amt der Jurorin übernimmt Prof. Dr. Heidi Kastner, österreichische Gerichtspsychiaterin und Autorin eines 2021 erschienenen Buches über die Dummheit. Einsendungen sind an gleimhaus@halberstadt.de zu richten.

 

Text: Geimhaus 
Foto: Gleimhaus 

 

© Stadt Halberstadt/ 26.01.2023

© Lena Ritter E-Mail

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