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Knut Schneider feiert seinen 70. Geburtstag

Am 13. April 1942 in Halberstadt geboren, lernte Knut  Schneider die Stadt, die damals als das Rothenburg des Nordens galt, nicht mehr bewusst kennen. In sein Bewusstsein eingebrannt hingegen hat sich der 8. April 1945.


An dem Tag flüchtete er mit seiner Familie in die Berge, um in der Höhle im Helgolandfelsen Schutz vor den amerikanischen Flugzeugen zu suchen, die die Stadt in Schutt und Asche legten.


Wie schön das alte Halberstadt war und welche Bedeutung es hatte, erfuhr er später. Als in den Nachkriegsjahren die Menschen enger zusammenrückten, einander halfen und sich Mut zusprachen, trafen sich einmal im Monat Verwandte und Freunde der alteingesessenen Halberstädter Familie Schneider, um Hausmusik zu machen und miteinander zu reden. „Es wurde besonders viel von früher erzählt. Das war spannend und hat mich interessiert“, erinnert sich der Jubilar, „wenn ich in das zerstörte Zentrum kam, die Reste vom Rathaus und die vielen Trümmer sah, dann war ich traurig über diese zerbrochene Schönheit.“ Bilder vom alten Halberstadt brachten ihn früh auf den Gedanken, die Stadt eines Tages wieder wie früher aufzubauen. Sie sollte wieder Seele und Gesicht bekommen. Doch bis es soweit kommen sollte, mussten Jahrzehnte ins Land gehen.


Als Kind war Knut Schneider mit Gleichaltrigen oft auf Erkundungstour in den Bergen: „Unsere Spielplätze waren die Felsen in den Klusbergen und
das Schlösschen in den Spiegelsbergen.“ Mit letzterem verbindet er einige Erlebnisse. Einmal endeckten sie russische Soldaten, die ein Feuer im Fass anzünden wollten. „Wir riefen ,Offiziere kommen, Komendatura‘ und sie gingen stiften.“


Neugierig wurde die Restaurierung des Gemäuers in den 1950-er Jahren beobachtet. Eines Tages sahen die Jungen, wie die Spindel der
Wendeltreppe, die einst zum Dachboden führte und schon längere Zeit im Dreck neben dem Unterstand der Steinmetze lag, zersägt werden sollte.
„Als wir riefen, dass das Frevel sei, wurden wir als Rotzlümmel beschimpft.“ Sie informierten das Museum, der Direktor ließ die Säule
abholen und einlagern. Heute ist sie wieder Bestandteil der Wendeltreppe.

Nach Schulbesuch und Maschinenschlosserlehre absolvierte der Halberstädter seinen Wehrdienst bei der Volksmarine, holte die 10. Klasse und das Abitur nach, besuchte die Meisterschule, um danach Maschinenbau zu studieren. Mit 32 Jahren war Knut Schneiders Berufswunsch rund. Sein Herz gehörte der Technik, insbesondere dem Schiffsmotorenbau.

Ab 1976 wechselte der junge Diplomingenieur im VEB Maschinenbau zum Kundendienst. Bei der folgenden regen Reisetätigkeit lernte er andere Länder und viele interessante Leute kennen. Saß man nach getaner Arbeit beim Glas Bier oder Wein zusammen, outete der Allrounder in Sachen Schiffsdieselmotoren sich sehr oft als Halberstädter mit klugen Ideen für seine Stadt und warb in der Fremde für seine Heimat. Sein Ansinnen, Halberstadt die Seele und das Gesicht wiederzugeben, hatte er nach seiner Armeezeit stark verfolgt.

1964/65 gab es ernsthafte Vorstellungen, das Zentrum wieder aufzubauen. Während einer öffentlichen Veranstaltung in der Dompropstei wurden die Pläne vorgestellt. Knut Schneider meldete sich und trug seine Ideen vor: Entweder der komplette Wiederaufbau nach altem Vorbild oder moderne Beton-Stahl-Glas-Bauweise auf den alten Grundrissen mit an die Historie angelehnte Fassaden. Zu den offiziellen Plänen meinte er: „Wenn sie Halberstadt so aufbauen, wird es eine Wohn- und Schlafsiedlung, der das Leben fehlt.“ Er gehöre zu den ewig Gestrigen, schalt ihn Dietrich. Worauf Dr. Kluge Partei für den jungen Mann ergriff und sagte: „Hier haben wir nichts mehr zu suchen, komm wir gehen.“

Ein eigenes Zentrumsmodell verrottete danach im Keller, ein Teil der Zeichnungen von damals überdauerten die Zeit und wurden wieder hervorgeholt, als es Mitte der 1990-er Jahre darum ging, das Zentrum neu zu errichten. Ein reger Briefwechsel fand zwischen Knut Schneider, inzwischen 2. Vorsitzender der Bürgeraktion Holzmarkt und Fischmarkt, und der Fa. Wertkonzept statt. Zeichnungen, Skizzen und detaillierte Vorschläge des Halberstädters zur Fassadengestaltung landeten in Berlin. Von dort kam zwar Zustimmung, aber auch der Hinweis, dass aufgrund des Kostenrahmens nicht alles realisiert werden könne.

Nach der Einweihung des Zentrums widmete er sich mit der Bürgeraktion einem weiteren Vorhaben - die Wiedererrichtung der historischen Ratslaube. Gemeinssam mit dem Vereinsvorsitzenden Günther Stelle sorgte er für das Glockenspiel im Rathaus. Er opferte fast seine gesamte knapp bemessene Freizeit für die Vereinsarbeit, denn sein Job als Kundendienstingenieur hatte immer absoluten Vorrang. Alle Mühen haben sich gelohnt „Wir haben der Stadt das Gesicht und ihre Seele wiedergegeben“, ist er stolz, daran mitgewirkt zu haben.


Viel Zeit hat Knut Schneider auch in das Weinfass im Jagdschloß investiert. Seine intensiven Nachforschungen brachten den Beweis: Es ist
das älteste Riesenweinfass Deutschlands und auch das größte Fass des ausgehenden 16. Jahrhunderts weltweit. Dafür gab es den Eintrag ins
Guinnessbuch, den er initiiert hat.

Sein jüngstes Wirken gilt den Halberstädter Bergen. Im gleichnamigen Verein will er vor allem dafür sorgen, dass die Klusberge mit den einzigartigen Felsen wieder in den Blickpunkt gerückt werden. Knut Schneider ist ein Kämpfer. Er gilt als ehrgeizig, gewissenhaft und zielstrebig. Sein Leitspruch: „Es gibt nichts, was nicht geht, man muss es nur wollen.“ Wenn er etwas anpackt, dann richtig und bis zur Vollendung. „Ich sage nicht nur wie es geht, sondern auch wie es finanzierbar ist, ohne die Stadtkasse zu belasten“, sagt er.

Weil er ein ungeduldiger Mensch ist und auch kein Blatt vor den Mund nimmt, macht er sich mit seiner Haltung nicht nur Freunde. Der Oberbürgermeister von Nabburg nannte ihn einmal den besten Botschafter Halberstadts. Was kann es ein größeres Lob geben für einen engagierten Halberstädter.

von Gerald Eggert

  • Knut Schneider. Foto: Gerald Eggert