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Judith Biran verstorben

Im Alter von 101 Jahren ist am vergangenen Montag Judith Biran verstorben.

Judith Biran hielt unter anderem engen Kontakt zur Miriam- Lundner-Grundschule in Halberstadt. Sie war 2001 bei deren Namensgebung dabei.

Die in Tel Aviv lebende Biran war als Kind mit der ältesten Schwester Miriams, Beate Lundner, befreundet. Diese hatte zugestimmt, dass die Schule den Namen der kleinen Miriam tragen darf, die am 12. April 1942 mit ihrer ganzen Familie aus Halberstadt deportiert worden war.

Es war der 4. Geburtstag von Miriam, die wie viele Halberstädter dem Judenhass der Nationalsozialisten zum Opfer fiel und ermordet wurde.

Judith Biran hielt seit 2001 engen Kontakt zur Schule, die sie jedes Mal besuchte, wenn sie in Halberstadt weilte, in
ihrer alten Heimatstadt. Sie wurde Ehrenmitglied im Förderverein der Miriam-Lundner- Grundschule und nutze ihre Besuche, um den Kindern aus ihrem Leben zu erzählen.

Judith Biran kam am 20. März 1921 in Berlin zur Welt, ihre Eltern Saul und Frieda Winter waren auf dem Weg nach Halberstadt, wo sie mit hren Kindern im Düsterngraben eine Bleibe fanden, später lebte die inzwischen achtköpfige Familie in der Dominikanerstraße 10.
Saul Winter war als Haus- und Kleinhandelsmann unterwegs, belieferte die Dorfbewohner in der Umgebung mit Textilien wie Bettzeug und Unterwäsche. Frieda Winter, geborene Goldstein, war Weißnäherin und brachte jungen Mädchen bei, ihre Aussteuer selbst anzufertigen. Für Kunden ihres Mannes nähte sie auf Bestellung.

Die jüdische Familie, die aus Ostgalizien stammte und nach dem Ersten Weltkrieg ihre Heimat als Staatenlose verlassen mussten, erlebte in Halberstadt die zunehmenden Repressalien durch die Nationalsozialisten. Sie gelangte 1939 per Schiff nach Palästina. Während allen Kindern auf unterschiedlichen Wegen die Flucht aus Deutschland gelang, wurden Saul und Frieda Winter imSommer 1942 bei einer Massenerschießung in Zmigrod getötet.

Im Jahr 2016 wurde Judith Biran mit der Verleihung des „Silbernen Rolands“ der Stadt Halberstadt ausgezeichnet. In der Laudatio wurde die damals 95-Jährige zur „Botschafterin der Versöhnung“ ernannt. Denn seit der Wende brachte sie sich die lebensfrohe Frau, die eine Lehre als Hauswirtschafterin absolvierte, aber dann eine eigene Buchhandlung betrieb, noch intensiver in die Vermittlungsarbeit zwischen Deutschen und Israelis ein. Die reiselustige Israelin mit deutschen Wurzeln trat leidenschaftlich gegen Rassismus und Antisemitismus auf, warb für Toleranz, Versöhnung, Weltoffenheit und Mitgefühl.

Text: ©Sabine Scholz, Volksstimme Halberstadt (Mit freundlicher Genehmigung)

Bild: (c) Stadt Halberstadt - Ehrung 2016 mit der Ehrennadel "Silberner Roland" und Eintragung in das Goldene Buch der Stadt Halberstadt

© Jeannette Schroeder E-Mail

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