Presse

Home

„Ich hatte manchmal eine ganz schön große Klappe“ Vor zehn Jahren verstarb, kurz vor ihrem 90. Geburtstag, die Halberstädterin Ilse Behrens

„Wer im Gedächtnis seiner Lieben lebt, der ist nicht tot, der ist nur fern, tot ist nur, wer vergessen wird."

Immanuel Kant (1724-1804)

In der Erinnerung lebt sie fort, jene Frau, die viel Gutes ihrer Heimatstadt zu teil werden ließ. Unterstützung fand sie hierbei bei allen Halberstädtern „hüben wie drüben“ gleichermaßen und bei den Menschen, die sie für ihre Sache gewinnen konnte. An ihrem zehnten Todestag soll an sie erinnert werden: Ilse Behrens, geb. Klaar. In Halberstadt geboren, am 28. September 1917, verstarb sie nach einem erfüllten Leben, einen Monat vor ihrem 90. Geburtstag, am 21. August 2007, in ihrer Wahlheimat Osterode im Harz.

Osterode wurde zu ihrer neuen Heimat, dieser Umstand war nicht zuletzt dem geschuldet, weil ihre Mutter 1951 in den Südharz heiratete. Tief im Herzen blieb sie Halberstädterin. Sie wurde Gründungsmitglied vom „Verein zur Förderung der Gemeinschaft der Halberstädter“ und alsbald zur dessen zweiten und 1982 zur dessen ersten Vorsitzenden gewählt. Seit 1972 war sie zudem in der CDU für den Osteroder Stadtrat tätig. Ilse Behrens ließ sich zu Lebzeiten nicht davon abbringen ihre Meinung unverblümt zu sagen. Vor ihrem Wechsel nach Osterode eckte sie auch schon zu DDR-Zeiten mehrfach an, sodass ein Beamter zu ihr sinngemäß gesagt haben soll: „Es wird Zeit, dass Sie nach drüben gehen.“

 Jene Ehrlichkeit, vielfach frei nach ihrem Munde geradeaus herausgesprochen, ohne sich über eventuelle Konsequenzen bewusst zu sein, war nicht überall gern gehört und schon gar nicht, wenn man Missstände in der Mangelwirtschaft ansprach. Dies sollte auch die quirlige Ilse Behrens, die vor ihrer Ausreise einen kleinen Laden, der vor allem Handarbeiten und Kinderbekleidung im Sortiment bereithielt, führte, alsbald erkennen: „Ich hatte manchmal eine ganz schön große Klappe“.

 Beim allerletzten Zusammentreffen der Halberstädter 2002, es war zugleich auch das Jahr indem sich der Verein nach über 50 Jahren auflöste, meinte Ilse Behrens im Rückblick gesehen wie folgt zu hören: „Als 1989/1990 die Wende kam und Deutschland wiedervereinigt wurde, schlossen meine Nordhäuser Freunde und andere Harzer Heimatvereine ihre Arbeit ab, sahen ihre Aufgabe als erfüllt an. Ich war der Meinung, dass der ‚Verein zur Förderung der Gemeinschaft der Halberstädter‘ jetzt erst recht gebraucht wird, um die Halberstädter aus West und Ost wieder zu vereinigen und in Halberstadt zu helfen. Der gesamte Vorstand stimmte dem zu.“

 Viele Spendenaktionen (damals etwa 80 000 D-Mark, Anm. d. A.) hat sie organisiert und in der Stadt Spuren hinterlassen. Ob bei der Finanzierung der neuen Farbfenster für die Johanneskirche, oder Geldspenden für den jährlich ausgetragenen „Gleimhaus-Literaturpreis“ für Schüler. Sie und der Verein halfen in vielen Bereichen aus. Schon in den 1950ziger Jahren besorgte Ilse Behrens Material für die Martinikirche.

 Nach dem Bau des Halberstädter Rathauses regte die Trägerin der Ehrennadel „Silberner Roland“ und des Bundesverdienstkreuzes an, neben dem Westportal zwei Blumenkübel aufzustellen – so, wie es Jahrhunderte in der Stadt üblich war, wenngleich man sie heute vergebens sucht, die Blumenkübel. Insbesondere sorgte ihr Verein gleichsam mit der „Bürgeraktion Holzmarkt / Fischmarkt e. V.“ dafür, dass reichlich Spenden flossen für den Wiederaufbau der Ratslaube vom Rathaus. Es galt Steine zu kaufen, alte auszubessern und neue einzufügen, damit die „Schmuckbrosche“, wie sie liebevoll von Halberstädtern genannt wird, wiedererstehen kann. Und es gelang, dafür ist allen Spendern und Spenderinnen, wie Ilse Behrens, nochmals an dieser Stelle zu danken! Sie und ihr Verein werden unvergessen bleiben…

Von Mirco Grusche

© Dominic Borchert E-Mail

  • [(c): m. Grusche]