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Hunger nach Leben - Das Jugendprojekt „Zeitensprünge“ erforscht Theatergeschichte

Theater in Halberstadt feiert in diesem Jahr sein 200jähriges Bestehen. Anhand der Entwicklung des Theaters lassen sich gesellschaftliche Verhältnisse in den verschiedenen Zeiten nachvollziehen.


Am 8.April 1945 wurde das Stadttheater bei einem verheerenden Bombenangriff zerstört. 83% der Stadt versanken in Schutt und Asche. Den Halberstädtern gelang in kurzer Zeit der erste Theaterneubau in Gesamtdeutschland.

In dem Projekt „Zeitensprünge“ beschäftigen sich sieben Jugendliche im Alter von 17 bis 23 Jahren mit der Zeit von 1945 bis 1949 in Halberstadt und versuchen zu ergründen, wie es gelang, sofort nach dem Krieg ein lebendiges Theaterleben widererstehen zu lassen.

Als ersten Schritt nahmen die Jugendlichen ein Quellenstudium auf, indem sie die Bücher "Theater in Halberstadt" Bd 2 und 3 von Werner Hartmann lasen. Anschließend formulierten die Jugendlichen ihre Fragen, die sie dem bekannten Ortschronisten Werner Hartmann Jahrgang 1923, in einem Zeitzeugeninterview stellten. Wie kein anderer ist er in der Lage über die Zeit des 2.Weltkrieges und die Nachkriegszeit und die Auswirkungen auf das öffentliche Leben in Halberstadt zu sprechen. Als Berufsschullehrer nach dem Krieg und enthusiastischer Theatergänger seit seiner Kindheit kann er in einmaliger Weise über das kulturelle Leben in der Nachkriegszeit sprechen. Durch seine umfangreichen Recherchen in verschiedenen Archiven stellte er historisches Quellenmaterial wie Programmhefte, Ankündigungen in der Zeitung, Plakate u.ä. zur Verfügung.

Davon inspiriert gingen die Jugendlichen in ihrem Verwandten- und Freundeskreis ebenfalls auf die Suche nach Zeitzeugen. Weitere Interviews wurden mit Dieter Jacobi, Jahrgang 1932, Dekorateur am Theater von 1948 bis 1995, Sabine Klamroth, Jahrgang 1933, und Käthe Slawig, Jahrgang 1922, geführt.

Die Jugendlichen, die vom Käthe-Kollwitz-Gymnasium, dem Martineum und der Hochschule Harz kommen, begaben sich an die historischen Orte, an denen in Halberstadt zu dieser Zeit gespielt wurde. Bei der Besichtigung des Speiseraums der Würstchenfabrik erfuhren sie Interessantes über die Probenbedingungen der Künstler in der Ausweichspielstätte. In der Richard-Wagner-Straße versuchten sie sich vorzustellen, welche Armosphäre es gewesen sein musste, als dort noch das alte Stadttheater stand.

Alle Zeitzeugen schwärmten vom Sternenhimmel und der Aufführung „Peterchens Mondfahrt“. Das Programmheft zur Eröffnung des Volkstheaters am 3. September 1949 ermöglichte den Jugendlichen einen sehr interessanten Einblick in die Zeitgeschichte und den Enthusiasmus, mit dem dieses Theater errichtet wurde.

Parallel dazu lasen und spielten die Jugendlichen Szenen aus dem Stück "Draußen vor der Tür" von Wolfgang Borchert. In eindringlichen Szenen erlebten die jungen Darsteller die Innenwelten eines Kriegsheimkehrers, den es nach Leben hungert. Sie setzten sich dazu mit ihren eigenen Erfahrungen in Beziehung und diskutierten den Stoff. Aus diesen Texten und den Zeitzeugenberichten entstand der Film. Das Ergebnis der Recherchen wird am Dienstag, 11. Dezember um 18.00 Uhr in der Kammerbühne Halberstadt präsentiert. Nach dem Film gibt es die Möglichkeit über das Gesehene zu sprechen und mit den Zeitzeugen ins Gespräch zu kommen. Alle am Theater interessierten Bürger sind dazu herzlich eingeladen.

Karten zu je 5 Euro können an der Theaterkasse unter 03941/6965-65 erworben werden.

Das Projekt wird gefördert durch die Stiftung Demokratische Jugend. In Zusammenarbeit mit der Landesvereinigung kulturelle Jugendbildung Sachsen/ Anhalt präsentieren die Jugendlichen ihr Ergebnis am 14.12.12 in Magdeburg zum 8.Jugendgeschichtstag in Sachsen/ Anhalt. Schirmherr ist der Kultusminister Stephan Dorgerloh.

Kartenreservierungen sind unter den Rufnummern (03941)696565 und (03946) 962222 sowie unter www.harztheater.de möglich.

  • kolorierte Fotografie des alten Stadttheaters Halberstadt
  • Nordharzer Städtebundtheater
  • Sabine Klamroth wird von Pascal Basdorf interviewt. - Foto: Nordharzer Städtebundtheater
  • Dieter Jacobi mit Martha Grasmeier und Philipp Schulze nach dem Zeitzeugengespräch
  • kolorierte Fotografie des alten Stadttheaters Halberstadt