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Ein weißer Fleck bekommt Farbe – Pionierarbeit auf dem Nassersee in Ägypten

Abendvortrag vom Museum für Vogelkunde Heineanum, am Dienstag,
24. Januar 2023, 19 Uhr, im Rathaus Halberstadt, Ratssaal, Holzmarkt 1

Referent: Jens Hering, Limbach-Oberfrohna, Ornithologe von der Naturschutzbehörde im Landratsamt Zwickau und Vorstand des Vereins Sächsischer Ornithologen

Der Anstau des Nils bei Assuan im Süden Ägyptens beschäftigte im vergangenen Jahrhundert viele Archäologen, mit dem Ziel der Rettung einmaliger Kulturschätze. Heute sind die geborgenen, riesigen Tempelmonumente aus dem Pharaonenreich ein Touristenmagnet.

„Aber auch auf Ornithologen übt das geflutete Wüstenland wegen seiner spektakulären Vorkommen in der Vogelwelt eine enorme Anziehung aus“, erklärt Jens Hering, der im Juni 2022 die bereits vierte Expedition sächsischer Ornithologen zu diesem rund 500 Kilometer langen Stausee des Nils leitete.  

Seit den 1960iger Jahren war dort hinter dem Assuan-Damm das Wasser des Nils angestaut worden. Ein gigantisches Vogelleben entwickelte sich, mitten in der Sahara-Wüste. Nur am Nassersee können innerhalb der Westpaläarktis regelmäßig Nimmersatt, Rötelpelikan und Witwenstelze beobachtet werden. Allerdings war bisher nicht bekannt, dass auf zahlreichen, in einsamen Buchten gelegenen Inseln auch große Wasservogelkolonien existieren. Nach den über fünf Jahrzehnten seines Entstehens und ohne gezielte ornithologische Erkundung erforschte die Gruppe sächsischer Ornithologen im Frühjahr 2016 die Vogelwelt erstmals genauer. Vorrangig waren neben der Brutvogelerfassung die Sammlung brutbiologischer Daten sowie Nahrungsanalysen von verschiedenen Arten.

Die circa 435 km lange Reiseroute von Assuan bis Abu Simbel verlief weitgehend auf der Westseite des Sees, mit den Schwerpunkten Khor Kalabscha und Toshka-Insel. Auf den Spuren dieser Expedition folgten in den Jahren 2017 und 2019 im gleichen Zeitraum weitere Reisen mit ergänzender Zielstellung. Zudem fanden ganz aktuell im Juni 2022 neue Untersuchungen statt. Die bei allen Expeditionen gesammelten Erkenntnisse weisen darauf hin, dass der riesige Wüstensee ganzjährig von großer avifaunistischer Bedeutung ist. Besonders hervorzuheben sind beachtlich große Reiherkolonien, in denen teils bis zu sechs Arten nebeneinander brüten, Brutkolonien der Lachseeschwalbe und der Zwergseeschwalbe weit abseits der bekannten Brutgebiete, das Brüten des Stentorrohrsängers in Gehölzen und dass die Witwenstelze zu den dort häufigen Brutvögeln zählt. Schließlich suchen an den Ufern des Sees zu dieser Jahreszeit vermutlich weit über tausend Nimmersatte nach Nahrung.


Hering berichtet über ein weiteres brisantes Thema: „Unsere nubische Besatzung kennt den Nassersee so gut wie ihr eigene Westentasche und führt Reisende und Expeditionen daher an die interessantesten Stellen. Dort wiederum beobachteten wir nicht nur Vögel und ihr Brutverhalten, sondern untersuchten auch Spuren, die von Jägern hinterlassen wurden. Schließlich konnten wir das Ausmaß des illegalen Vogeljagd-Tourismus umfassend recherchieren. Auf den Abschusslisten ausländischer und einheimischer Jagdtouristen stehen unter vielen, vor allem größere Arten, wie der Wüstenuhu, Schwarzstorch, Rosaflamingo, Krauskopfpelikan sowie viele Reiherarten.“

Mit diesem interessanten Expeditionsbericht von Jens Hering startet das Museum für Vogelkunde Heineanum seine Vortragsreihe in diesem Jahr am Dienstag, den 24. Januar 2023. Die Veranstaltung beginnt um 19 Uhr. Der Eintritt beträgt 3 Euro. Um Voranmeldung wird gebeten unter der Telefonnummer 03941-551474 (Di.-So. 13-17 Uhr) oder per E-Mail an aufsicht@halberstadt.de.

 

Bildunterschriften:

1 Expeditionsteam_Abu Simbel_6-2022

2 Junge Stentorrohrsänger im Tamariskennest_Nassersee_6-2022

3 Nimmersatte und Moorenten nahe Abu Simbel_6-2022

4 Ornithologische Feldforschung bei Abu Simbel_6-2022

 

Fotos: Jens Hering
Text: Heineanum 

 

© Stadt Halberstadt/ 17.01.2023

© Lena Ritter E-Mail

  • Ein weißer Fleck bekommt Farbe – Pionierarbeit auf dem Nassersee in Ägypten
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  • 2 Junge Stentorrohrsänger im Tamariskennest_Nassersee_6-2022.jpg
  • 3 Nimmersatte und Moorenten nahe Abu Simbel_6-2022b.jpg
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