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Dummheiten gesucht!

Von Vernunft und Verstand wollten sich die Menschen im 18. Jahrhundert leiten lassen. So sollte Licht ins Dunkel gebracht beziehungsweise „Aufklärung“ erlangt werden, wie die Epoche später benannt wurde. Davon, dass die Aufklärung erfolgreich abgeschlossen wäre, kann allerdings keine Rede sein. So heftig man damals auch gegen Aberglauben und Dummheit gekämpft hat, so ist die Aufklärung doch nicht als Siegerin zu bezeichnen. Der Berliner Grafiker Daniel Chodowiecki hat in einer Serie kleiner Kalenderkupferstiche unter dem Titel „Modethorheiten“ darauf aufmerksam gemacht, in was für Dummheiten sein sich als aufgeklärt ausgebendes Zeitalter befangen war: Wunderheiler, Weltuntergangspropheten, wunderliche Heilige und Sterndeuter fanden regen Zulauf!
Ob die Vernunft seither entscheidende Fortschritte gemacht hat, wäre noch sehr die Frage. Oder ist die Dummheit nicht gerade im Coronajahr 2020 zu einer neuen Höchstform aufgelaufen? Die kleine Serie Chodowieckis zu den Dummheiten seiner Zeit, die das Gleimhaus vor einiger Zeit erwerben konnte, lädt dazu ein, den Blick auf die Dummheiten auch unserer Gegenwart zu richten. Das Gleimhaus bittet um knapp formulierte Ansichten, was die für unsere Zeit typischen Dummheiten sind. Erste Hinweise sind bereits eingegangen: So wurden die künstlichen Fingernägel genannt, die in ihrer Überlänge bei alltäglichen Tätigkeiten behindern.



Auch die sich verbreitende Ignorierung von Tatsachen, um an liebgewordenen Gewohnheiten und Bequemlichkeiten festhalten zu können, und die fortschreitende Automatisierung, die den Menschen immer mehr körperliche und geistige Leistungen abnimmt, aber damit auch unsere Fähigkeiten schwinden lässt, wurden als Dummheiten unserer Zeit angesprochen.
Den Dummheiten der Aufklärung wie auch denjenigen unserer Zeit ist ein Abend im Gleimhaus in der Reihe „Geist und Muse bei Gleim“ am Mittwoch, dem 13. Januar, um 19.30 Uhr gewidmet. Das Programm wird als Videokonferenz auf der Plattform Zoom durchgeführt. Ein eigenes Zoom-Konto ist zur Teilnahme nicht notwendig, lediglich eine gute Internetverbindung und ein Computer mit Kamera beziehungsweise ein Smartphone. Nach der Anmeldung unter gleimhaus@halberstadt.de  erhalten Sie ein Link zur kostenlosen Teilnahme.

Bildunterschrift: Sterndeuter, der selbst bei der besseren Gesellschaft Berlins Zulauf findet. Radierung von Daniel Chodowiecki, 1788 (Gleimhaus Halberstadt)

© Anja König E-Mail

  • [(c): Chodowiecki, Gleimhaus]