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Nachruf auf Johann-Peter Hinz

"Ich wünsche mir, dass Kunstwerke kleine Wunder sind. Vielleicht formulieren Künstler das Echo ihrer Erfahrungen in unserer gemeinsamen – selben Welt, ungeahnt und hoffentlich neu. Wenn das Ergebnis ein Bildwerk ist, das die Sichtweise und Empfindung des Betrachters erweitert oder gar bereichert, dann ist möglicherweise ein kleines Wunder geschehen."

Seine Worte, seine Werke und sein Geist des Aufbruchs in Halberstadt werden an ihn erinnern. Am 11. Februar 2007 starb Johann-Peter Hinz, Ehrenbürger der Stadt Halberstadt. Die Stadt hat einen geschätzten Mitbürger, einen geachteten Politiker, angesehenen Künstler und einen beliebten Menschen verloren. Johann-Peter Hinz hinterlässt seine Ehefrau Monika und seine erwachsenen Kinder Katharina und Jacob.

1941 in Kolberg geboren, ist Johann-Peter Hinz im großen Geschwisterkreis der Dompfarrfamilie Hinz aufgewachsen. Als er fünf Jahre alt war, flüchtete die Familie aus der zerbomten Stadt an der Ostsee und fand ihre neue Heimat in der zweiten Trümmerstadt Halberstadt. 60 seiner 65 Lebensjahre verbrachte Johann-Peter Hinz in dieser ihm lieb gewordenen Domstadt am Harz. Und er war dieser Stadt auf das tiefste verbunden.

Johann-Peter Hinz hat Spuren hinterlassen – nicht nur in der Kunst, sondern auch als Politiker. Die landesweit und darüber hinaus geachteten Arbeiten des Künstlers und Metallgestalters sind in Halberstadt, im Magdeburger Kloster, in der Moritzburg bei Halle, in Leipzig, Strahlsund und auch im Ruhrgebiet zu finden.

Sein berufliches Wirken in der Künstlerkommune an der Pfeffermühle, sein kulturelles Engagement durch Lesungen – unter anderem mit Reiner Kunze, sein Engagement  für die Wiederherrichtung der Martinikirche kennzeichnen wichtige Lebensstationen der 70er und 80er Jahre.

Am Fuße des Halberstädter Domes wurde im April 1982 das von Johann-Peter Hinz gestaltete Mahnzeichen zum Gedenken an Halberstadts verfolgte, vertriebene, ermordete Juden errichtet - "Der symbolische siebenarmige Leuchter" und 1992 "Die Steine der Erinnerung".

Als Protest gegen den damals eskalierenden Abriss der Altstadt-Fachwerkhäuser hatte er riskiert, den Kulturpreis der Stadt Halberstadt zurückzugeben. Sein engagiertes Eintreten gegen den Zerfall und den Abriss der Halberstädter Altstadt ist beispiellos. Dabei sind Einzelaktionen seit den 80er Jahren ebenso zu nennen, wie die Organisation von Protest- und Bergungsaktionen. Die Zerstörung alter Häuser wurde für viele Halberstädter ein Symbol für unwiederbringliche Lebensqualität. "Wenn Häuser schreien könnten" lautete eine dieser Aktionen, die nicht zuletzt auch ein prägendes Motiv der ersten Demonstrationen 1989 waren.

Sein Einsatz gegen Gewalt und die besondere Rolle in der Zeit der politischen Wende sucht seines Gleichen. Johann-Peter Hinz engagierte sich als Mitorganisator des Friedenskreises in der Martinikirche. Als im Herbst 1989 auch in Halberstadt "Gebete für unser Land" den Ausgangspunkt für Demonstrationen bildeten, konnten durch sein persönliches, öffentliches Auftreten Ausschreitungen vermieden werden und gewaltfreie Aktionen stattfinden. Er war Mitbegründer des Neuen Forum. Er

war – zögerlich und heftig widerstrebend – längst politische Galionsfigur.  Für seinen engagierten Einsatz zur Zeit der politischen Wende erhielt Johann-Peter Hinz das Bundesverdienstkreuz.

Nach der ersten freien Wahl des Stadtrates galt sein persönlicher Einsatz parteiübergreifender Zusammenarbeit und der Entwicklung demokratischer Strukturen. Er setzte mit seiner Tätigkeit als Präsident des Stadtrates Maßstäbe.
Als Mitbegründer des "Kuratorium Stadtentwicklung" trug er 1990 mit dazu bei, dass mit diesem Verein ein vertrauensvoller Ansprechpartner für die "Niedersachsenhilfe" geschaffen wurde und somit schnell und unbürokratisch Spenden in Halberstadt zum Wiederaufbau der Altstadt zum Einsatz kamen.

Sein Einsatz für die Aufarbeitung der jüdischen Geschichte der Stadt und sein Engagement im Förderverein der Gedenkstätte Langenstein-Zwieberge halfen, einen sensiblen Umgang bei der Aufarbeitung unserer Geschichte zu entwickeln. Die Installation der Moses-Mendelssohn-Akademie in Halberstadt hat er engagiert unterstützt und befördert.

Der Name unseres Ehrenbürgers Johann-Peter Hinz verbindet sich auch mit der Halberstädter Entschädigung ehemaliger osteuropäischer Zwangsarbeiter. Diese kleine Geste mit großer Wirkung ist auf seine Initiative zurückzuführen.

Auf Anregung von Johann-Peter Hinz wurde der Gleimliteraturpreis ins Leben gerufen, der durch seine zweijährliche Verleihung, Halberstadt und dem Gleimhaus bundesweite Anerkennung bringt. Als Förderer der Kunst ist sein Engagement als Gründungsmitglied im 1990 gegründeten Verein "Kunstforum Halberstadt e.V." bekannt und seine landesweit geachtete Arbeit als Künstler für öffentliche Räume findet in der Stadt und weit darüber hinaus Beachtung.

Die größte wiederentstandene Glocke des Halberstädter Domes läutete das Jahr 2000 ein. Auch sie trägt die Handschrift von Johann-Peter Hinz. Er hat der Glocke "Domina" die Arche Noah - das urgeschichtliche Überlebensbild einer Menschheitskatastrophe - aufgeprägt.

In besonderer Zuwendung zur Musik ist er engagiert als Mitbegründer der John-Cage-Orgel-Stiftung aufgetreten und hinterlässt auch hier prägend seine Spuren. Das 639 Jahre andauernde Musikstück "As slow as possible" wird seit 2001 in der Klosterkirche "St. Burchardi" gespielt und trägt den Namen unserer Stadt in die Welt.

Nicht zu vergessen ist sein Engagement bei der Gestaltung und beim Wiederaufbau des neuen Stadtzentrums. Wie sehr ihm dies am Herzen lag, wird deutlich in seinen Worten, die er mit dem Zeiger der Martiniuhr in der Hand und mit großer emotionaler Rührung zum Richtfest sprach: "Ich könnte vor Freude heulen". 

Die Stadt Halberstadt wird seiner Verdienste um unsere Stadt stets in Ehren gedenken. Johann-Peter Hinz fehlt in der Stadt als aktiver Mitgestalter: als Künstler,

als Politiker – und als Mensch. Zeit seines Lebens setzte er sich gegen jede Form der Gewalt, für mehr Toleranz und ein friedliches Miteinander ein. Er hinterlässt im zivilgesellschaftlichen Engagement der Stadt eine Lücke, die bisher nicht gefüllt werden konnte.