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Die Hansestadt Halberstadt auf dem Wege zur freien Reichsstadt

Die Position „Die Hansestadt Halberstadt auf dem Wege...“ eröffnet im Raum 8 den Rundgang durch die Ausstellungs-räume des Obergeschosses. Aufbauend auf der Ausstellungsposition „Das Marktrechtsprivileg von 989 für Bischof Hil-deward“ im Erdgeschoss wird in diesem Raum die Stadtentwicklung vom 12. bis zum 15. Jahrhundert schlaglichtartig anhand von Dokumenten, dreidimensionalen Zeitzeugen und ein-drucksvollen Modellen und Nachbildungen aufgezeigt.
Zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert bildete sich im Osten Ostfalens eine reichhaltige Städtelandschaft her-aus, die das Gebiet bis in die Gegenwart prägt. Neben Magdeburg gehörte Halberstadt stets zu den bedeutendsten Städten dieser Region. In stetiger Auseinandersetzung mit dem bischöflichen Stadtherren gelang es auch dem Halberstädter Stadtbür-gertum nach und nach „Rechte und Freiheiten“ zu errin-gen, die Bischof Friedrich I. 1105 erstmals in schriftlicher Form bestätigte. Ein Ausdruck der Emanzipation vom Stadtherren waren die mittelalterlichen Städtebünde, mit denen die Städte, beginnend im 13. Jahrhundert, ihre Kräfte für ein gemeinsames Vorgehen bündelten.
Bereits 1326 schlossen, initiiert durch Bischof Albrecht II., Halberstadt, Quedlinburg und Aschersleben das „Ewige Bündnis“. Dieser Städtedreibund hatte zum Nutzen der drei Nachbarstädte fast 150 Jahre Bestand.
Seit dem Ende des 14. Jahrhunderts war Halberstadt Mitglied des umfangreichen „Sächsischen Städtebundes“ und der mächtigen Hanse. Bis zum Ende des 15. Jahrhunderts schloss die Stadt in diesem Rahmen zahlreiche bi- und multilaterale Städtebündnisse. In dieser Zeit erreichte Halberstadt de facto nahezu den Status einer freien Reichsstadt.
Neben der originalen Urkunde Bischof Friedrich I. von 1105, ist in diesem Raum auch eine weitere Urkunde aus dem Halberstädter Stadtarchiv zu sehen, mit der Bischof Albrecht III. von Rickensdorf 1367 der Stadt Rechte und Privilegien sowie das „Ewige Bündnis“ zwischen Halberstadt, Quedlinburg und Aschersleben bestätigt.
Ein  eindrucksvoller steinerner Zeuge dieser Zeit der Herausbildung eines selbstbewussten Städtebürgertums war das alte Halberstädter Rathaus. In einem eindrucksvollen Modell ist es in der Sonderausstellung zu betrachten.
Nachdem bereits ein Vorgängerbau am Martiniplan bestanden hatte, der 1241 erst-mals erwähnt wurde, war der 12. März 1381 der Baubeginn für das gotische Rat-haus. Der Bau war 60 m lang und 17 m breit. 1560 wurden an seine Ostseite zum Fischmarkt hin und 1663 an der Südseite (Ratslaube) Anbauten errichtet, die den Baukörper harmonisch abrundeten. Das Erdgeschoss war ursprünglich der Öffentlichkeit zugänglich. Hier wurden u. a. kauf-männische Geschäfte abgeschlossen und Waren auf ihr Gewicht geprüft. Wahrscheinlich schon seit dem 16. Jahrhundert diente das Gebäude dann bis zu seiner Zerstörung durch den amerikanischen Bombenangriff am  8. April 1945 ausschließlich als Rathaus. Die Ruine des Rathauses wurde auf Grund einer politischen Entscheidung zu Beginn der fünfziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts abgebro-chen. Seit 1998 besitzt Halberstadt an gleicher Stelle ein neues Rathaus, des-sen Baukörper dem des alten Rathauses in der äußeren Form weitgehend angenähert ist. Die wiedererrichtete Ratslaube und das Glockenspiel sind der Halberstädter Bürgeraktion zu verdanken.
Zu den eindrucksvollsten und wertvollsten Exponaten dieses Ausstellungsraumes gehört auch eine  Leihgabe der Universitäts- und Landesbibliothek in Halle  - ein Origial der sogenannten Quedlinburger Handschrift des Sachsenspiegels von 1300.
Geschrieben wurde diese Handschrift um 1300 von einem Schreiber im hoch-deutschen Sprachbereich (Thüringer Becken) nach einer mittelniederdeut-schen Vorlage.
Eike von Repkow verfasste zwischen 1220/35 im Auftrage des Grafen Hoyer von Fal-kenstein den Sachsenspiegel. Die erste Fassung war nicht die endgültige. Die ersten beiden Fassungen gehen auf Eike von Repkow zurück. Danach setzten die Fremdbearbeitungen ein.
Der Sachsenspiegel, dessen zwei Hauptteile das Landrecht und das Lehnrecht darstellen, wurde schon bald auch in den Städten angewandt, da viele Bestimmungen, u. a. das Erbrecht, auch hier relevant waren. Innerhalb von 80 Jahren nach seiner Entstehung hatte der Sachsenspiegel, oder einzelne Bestimmungen daraus, weit entfernte Gebiete erreicht (u. a. Hamburg, Stade, Augsburg, Köln, Breslau, Krakau). Zusammen mit dem Magde-burger Recht gelangte der Sachsenspiegel auch weit nach Osteuropa.