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Stadtplanung und Wohnungsleerstand

Das Problem des Wohnungsleerstandes wird in der öffentlichen Diskussion gern an einer sogenannten verfehlten Stadtplanung festgemacht. Für Halberstadts Baudezernenten Rainer Schöne ist dies zu einfach gedacht.
"Grundsätzlich", so Rainer Schöne, "kann man den Bedarf an Bauland nicht allein von der Bevölkerungsentwicklung abhängig machen. Die kritische Zahl dafür ist die der Haushalte und deren Entwicklung. So kann es zum Beispiel durchaus sein, dass trotz rückläufiger Bevölkerungsentwicklung mehr Wohnungen und Bauland nachgefragt werden, als vorher. Zum einen ist seit 1990 das Durchschnittsalter, ab dem ein eigener Haushalt gegründet wird, gesunken. Andererseits sinkt die Haushaltsgöße (PersonenHaushalt) kontinuierlich, und der Wohnflächenverbrauch/Einwohner steigt dem gegenüber." Dabei wachse insbesondere der Anteil der Einpersonenhaushalte in den Städten. Dass dies möglich ist, hänge auch mit dem gewachsenen Wohlstand
und dem größeren Wohnungsangebot zusammen, erklärt Schöne weiter.
Im Rückblick auf die Entwicklung von 1990 an bezieht er sich auf das schon damals im Auftrag der Stadt erstellte Stadtentwicklungskonzept. Auch hier sei nur ein möglicher Entwicklungskorridor für die Zukunft beschrieben worden. Als die Entscheidungen über das Baurecht für Mehrfamilienhäuser Mitte der 90er Jahre im Rat getroffen wurde, habe es keine kritischen Hinweise der Wohnungsunternehmen gegeben, erinnert Schöne. HaWoGe sowie WGH haben in den mehrgeschossigen Wohnungsneubau investiert. 1996 hat die WGH gemeinsam mit der Stadt einen Bebauungsplan für das Gebiet Lieberkühnstraße entwickelt
(103 Wohnungen). Die WGH folgte damit dem Beispiel der HaWoGe, die am Standort Kirchfeld gemeinsam mit einem Bauträger den Neubau von Mehrfamilienhäusern forcierte. Das Baurecht hierfür hat die Stadt inzwischen wieder zurückgenommen, nachdem dort 95 Wohnungen in zwei Mehrfamilienhäusern gebaut worden sind.
"An diesen beiden Beispielen kann man erkennen", so der Baudezernent, "dass auch die beiden Wohnungsunternehmen Mitte der 90er Jahre den Wohnungsmarkt anders eingeschätzt hatten. Nur zwei Pläne sind nach 1995, dem Jahr der Gebäude- und Wohnraumzählung, beschlossen worden. Insgesamt entstanden so bisher in Bebauungsplangebieten etwa 1000 Wohnungseinheiten im Geschosswohnungsbau, das sind 4,3 % des Gesamtwohnungsbestandes der Stadt und nicht 2 600 Wohnungseinheiten, wie mehrfach behauptet wurde."
Wer aufmerksam die Presse ließt, weiß, dass das Leerstandsproblem mehr oder weniger alle größeren Städte in Ostdeutschland erfasst hat. Allein in Sachsen-Anhalt gibt es 44 sogenannte Programmstädte, die Fördermittel für den Stadtumbau, vor allem für den Abriss beantragen wollen. Auch Halberstadt hat einen solchen Antrag gestellt und bereits ein Jahr bevor dies eine Forderung des Landes wurde, ein Stadtentwicklungskonzept erarbeitet.
"Die Stadt Halberstadt sieht die existenzbedrohende Entwicklung für die Wohnungsunternehmen und wird mit ihnen auf der Grundlage des gemeinsam erarbeiteten Stadtentwicklungskonzeptes handeln. Wir wollen mit den Wohnungsunternehmen vorwärts schauen und die inzwischen zu einer positiven Entwicklung gewendete Situation in moderater Zusammenarbeit weiter begleiten", blickt Rainer Schöne optimistisch in die Zukunft.