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HomeJüdinnen und Juden lebten bis zu ihrer Vertreibung oder Deportation als Nachbarn von nicht-jüdischen Bürgerinnen und Bürgern in den Städten. Sie waren in die Nachbarschaften integriert. Überschattet von der Erfahrung des Holocaust ist diese Tatsache vielfach aus dem Bewusstsein verschwunden. Das Projekt „Offene jüdische Häuser - Zu Gast bei …“ macht die frühere jüdische Nachbarschaft deutlich, indem heutige Bewohnerinnen und Bewohner der Häuser oder Wohnungen ein Plakat im Fenster anbringen, das mitteilt, welche jüdische Familie dort gelebt hat.
Darüber hinaus sind ausgewählte Wohnungen oder Geschäftslokale zu vereinbarten Zeiten offen für Besucherinnen und Besucher. Dort finden Gespräche über die früheren jüdischen Bewohnerinnen und Bewohner statt. Zudem können historische Fotos angeschaut werden und vielleicht sind sogar Nachfahren der jüdischen Familien zu Gast und stehen für Gespräche zur Verfügung. Überdies besteht die Möglichkeit der Aufführung eines Hauskonzertes oder der Durchführung einer Lesung. Alles in allem lässt sich also sagen, dass ein aktives und vielseitiges Erinnern stattfinden soll.
Für das Projekt im Jahr 2023 dient das Halberstädter Adressbuch von 1918 als Grundlage. Dies zeigt die Schwerpunkte Unterstadt sowie als Verbindung zum Stadtzentrum, die Straße Westendorf bzw. Schmiedestraße als Siedlungs- und Geschäftszentrum der Halberstädter Jüdinnen und Juden. Konkret zeigt sich als Muster, dass der Metallhandel gewissermaßen als Cluster in der Unterstadt angesiedelt war und sich dies zum Stadtzentrum hin in Richtung des Handels mit Tuchen, Konfektion und Manufakturwaren verschob. 1918 hatten sich die vorher unauffälligen Handlungen in repräsentative Geschäftslokale verwandelt und zu modernen Kaufhäusern entwickelt.
Durch „Offene jüdische Häuser - Zu Gast bei …“ wird Geschichte lebendig. Jeder ist willkommen, um einfach nur zuzuhören oder selbst zu erzählen und die Erinnerungen mit anderen zu teilen.
Motiv: Moses Mendelssohn Akademie