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Neujahrsempfang Stadt Halberstadt – Dankesrede Dr. Ute Pott – Rolandpreisträgerin

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrter Herr Stadtratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, für die Auszeichnung „Silberner Roland“ danke ich sehr.

Für mich bedeutet die Ehrennadel Anerkennung meiner Person und meiner Arbeit, die ich stets mit mehreren realisiere. Sei es beispielsweise im Gleimhaus mit meinem Team und dem ehrenamtlichen Vorstand oder im Christlichen Schulverein als Träger der Evangelischen Grundschule Halberstadt Sankt Laurentius mit den Vorstandskollegen und den Mitarbeitern. Ich danke nicht nur für die Auszeichnung, sondern auch dafür, dass der Erlös des Hilariusmahls dem Gleimhaus und dieser Schule zugutekommen.
Wird man gewürdigt und ist selbstkritisch veranlagt, so fallen einem nicht nur die eigenen Leistungen ein, sondern auch die Versäumnisse. Und es mischt sich in die Freude über die Ehre vielleicht auch eine Sorge – in meinem Fall ganz konkret die Sorge über die Zukunft des Gleimhauses. Von den letzten 25 Jahren ist in diesen Wochen angesichts der politischen Wende häufig die Rede gewesen. Für mich sind die letzten 25 Jahre zugleich meine Gleimhaus-Jahre. Im Februar 1990 war ich zum ersten Mal hier und habe angefangen, nicht nur mit den Beständen zu arbeiten, sondern die Stadt, die Menschen, die Geschichte und die Geschichten kennenzulernen. Vor knapp 20 Jahren erfolgte der Umzug hierher. Eine der ersten Veranstaltungen, die ich damals besuchte, war die Einweihung des Gleimhaus-Erweiterungsbaus mit der Verleihung der Ehrennadel Silberner Roland an Karl Heinrich Heine, den Kaufmann aus Karlsruhe, der auf vielfältige Weise für Halberstadt tätig war. Der ‚berühmteste Bibliothekar Deutschlands“ Professor Paul Raabe hielt eine Rede – und es wurde deutlich: Es braucht visionäre Kraft, Wertschätzung der Überlieferung, Menschenliebe und praktisches Geschick, wenn man etwas erreichen will. Das habe ich von diesen beiden Menschen und vielen anderen, die mir hier begegneten, gelernt. Ein wichtiger Gewährsmann wurde mir mehr und mehr auch ein Mann aus der Vergangenheit: Johann Wilhelm Ludwig Gleim, der hier das erste deutsche Literaturarchiv gründete und der bei seinen Nachlassbestimmungen (vor dem Hintergrund der Freundschaftskultur der Zeit) beseelt, ja, regelrecht befeuert war, von der Idee, eine „Schule der Humanität“ zu etablieren. Als Museum der deutschen Aufklärung sehe ich unsere Aufgabe darin, hier anzuknüpfen und mit Blick zurück in eine Zeit, die für Fragen der Toleranz, der Individualität, der Freundschaft, der politischen Öffentlichkeit, der Verantwortung und der Humanität zentral ist, unter Beteiligung vieler in die Zukunft zu gehen. In den kommenden zwei Jahren werden hoffentlich die Weichen gestellt für die (vorläufige) zukünftige Sicherung des Gleimhauses, in diesem Jahr hier in der Stadt durch den Abschluss eines neuen Vertrages, und sodann im Land Sachsen-Anhalt durch die Entscheidung über die zukünftige Förderung. Ich hoffe sehr, dass wir in der Folge dessen ein wenig aufatmen können, schließlich steht ein großes Jubiläum vor der Tür: 2019 der 300. Geburtstag von Gleim. Doch gehört zur zukünftigen Sicherung des Gleimhauses und allgemeiner zur Sicherung der Qualität des Lebens in dieser Stadt und Region, nicht nur das Geld, sondern dazu gehören (der ‚andere Reichtum‘, von dem der Stadtratspräsident und der Oberbürgermeister gesprochen haben) die Menschen, die Gestaltungskraft für unser gemeinsames Leben hier entwickeln. Möge die Gruppe derer, die Kandidaten für den Silbernen Roland sein könnten, immer größer werden. Dass ich in diesem Jahr für würdig eingeschätzt wurde, ausgezeichnet zu werden, freut mich sehr. Vielen Dank oder auch: merci beaucoup.


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